Notizen aus der
Wissenschaft:
Stichwort:
Väterlichkeit
Väterlichkeit
13.09.2011 - Biologie
Hormongesteuerte Papas
Studie bestätigt: Bei frischgebackenen
Vätern sinkt der Testosteronspiegel
Väter im Weichspülgang: Um fürsorgliches
Verhalten anzukurbeln, reduziert der männliche Körper
durch den Umgang mit einem Baby die Produktion des männlichen
Geschlechtshormons Testosteron. Diesen bereits früher
vermuteten Zusammenhang konnten nun Forscher erstmals durch
eine umfangreiche Studie bestätigen. Den Ergebnissen
zufolge ist ein hoher Testosteronspiegel zwar offenbar hilfreich,
eine Partnerin zu finden und Kinder zu zeugen, für väterliche
Aufgaben ist das Hormon dagegen eher hinderlich und wird deshalb
herunter reguliert, erklären die Wissenschaftler. Der
relativ niedrige Testosteronspiegel könnte auch der Grund
für die erwiesen bessere Gesundheit von Vätern im
Vergleich zu kinderlosen Männern sein: Ein niedriger
Testosteronspiegel schützt vor bestimmten chronischen
Krankheiten, sagen Christopher Kuzawa von der Northwestern
University und seine Kollegen.
Die Studienergebnisse stehen im Einklang
mit Tierstudien, die bereits gezeigt haben, dass Männchen
von Arten, bei denen die Väter an der Brutpflege beteiligt
sind, nach der Geburt der Jungtiere einen niedrigeren Testosteronspiegel
aufweisen. Frühere Studien haben zwar bereits einen ähnlichen
Zusammenhang beim Menschen nahegelegt, sie waren Kuzawa und
Kollegen zufolge aber zu klein, um schlüssige Aussagen
treffen zu können. Die aktuelle Studie umfasst nun die
Auswertungen von Daten und Speichelproben von insgesamt 624
Männern im Alter von 21,5 bis 26 Jahren über einen
Zeitraum von fast 5 Jahren. Zu Beginn der Untersuchungen waren
die Männer noch keine Väter, am Ende der Studiendauer
war dagegen etwa ein Drittel der Männer zum ersten Mal
Vater geworden.
Der Vergleich der Testosteron-Werte vor
und nach der Vaterschaft beziehungsweise der Vergleich zwischen
Vätern und Single-Männern ergab ein eindeutiges
Bild: Die Autoren berichten, dass Männer mit vergleichsweise
hohen Testosteron-Werten häufiger eine Partnerin gefunden
hatten und Väter geworden waren. Sobald sich der Fortpflanzungserfolg
allerdings eingestellt hatte, erlebten sie einen Rückgang
des Testosteronspiegels, wie er bei keinem der Single-Männer
zu verzeichnen war. Je intensiver die Männer dabei an
der Kinderbetreuung beteiligt waren, desto weniger Testosteron
fand sich in ihrem Speichel. Den Forschern zufolge sei das
ein Hinweis darauf, dass die hormonelle Regulation vom Umgang
mit dem Kind ausgelöst wird.
„Menschen sind etwas Besonderes
unter den Säugetieren“, betont Christopher Kuzawa:
„Die Nachkommen sind für über ein Jahrzehnt
von der Fürsorge der Erwachsenen abhängig. Dafür
ist eine Kooperation der Geschlechter notwendig, die unseren
Ergebnissen zufolge offenbar auch beim Vater hormongesteuert
ist. Das männliche Gehirn wird quasi für die Vaterschaft
neu programmiert – von der triebhaften Partnersuche
zur sensiblen Fürsorge“, resümiert der Anthropologe.
Christopher Kuzawa (Northwestern University)
et al: PNAS, doi:10.1073/pnas.110540310
|