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Notizen aus der Wissenschaft:


Stichwort: Erinnerung

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> Durchlebte Erinnerung
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Erinnerung
06.08.2010 - Hirnforschung

Durchlebte Erinnerung

Gehirn speichert Emotionen und Sinneseindrücke dicht beieinander ab

Hören, Sehen und Riechen helfen der Erinnerung oft auf die Sprünge: Das Gehirn speichert diese Informationen nämlich in räumlicher Nähe zu den emotionalen Eindrücken ab. Das haben italienische Wissenschaftler nun bei Ratten herausgefunden. Sie erzeugten Angstzustände bei den Tieren etwa durch einen Laut und versetzten ihnen einen leichten Stromschlag als emotionale Erfahrung. Anschließend störten sie das Hörzentrum in der Großhirnrinde: Die Erinnerung an das Angsterlebnis verschwand. Die Experimente lieferten ein zweites Ergebnis: Nach einiger Zeit verlagert das Gehirn die kombinierten sensorischen und emotionalen Eindrücke.

Sensorische Erfahrungen können kraftvolle Erinnerungen hervorrufen, seien es Kindheitserinnerungen an den Backgeruch aus der Küche, das Gesicht von Freunden auf alten Fotos oder das Gefühl eines frisch gewaschenen Hemds. Warum das so ist, haben Tiziana Sacco und Benedetto Sacchetti von der Universität Turin in Versuchen mit Ratten herausgefunden. Sie setzten die Tiere im Labor drei verschiedenen Sinneseindrücken aus, die Angst erzeugten: lauten Tonsignalen, dem Geruch von Essig und einem grellen Blitzlicht. Gleichzeitig wurde den Tieren durch einen Stromschlag eine emotionale Information mitgegeben. Nach zwei Tagen testeten sie in veränderter Umgebung, ob sich die Nager an die erlebte Angst erinnerten. Dabei wurde das Verhalten der Ratten auf Video aufgezeichnet. Als Anzeichen für Angst werteten die Forscher dabei eine komplette Regungslosigkeit, nachdem sie die Tiere den entsprechenden Signalen erneut ausgesetzt hatten.

Untersucht wurde zunächst der Auditive Cortex, also das Hörzentrum. Dieser Bereich der Großhirnrinde besteht aus mehreren Arealen. Wird der gesamte Auditive Cortex gehemmt, so verloren die Tiere jede Erinnerung an Angstzustände, die mit dem Tonsignal verbunden waren. Anschließend störten die Forscher die einzelnen Areale des Hörzentrums. Dabei stellten sie fest, dass sich in dem so genannten sekundären Auditiven Cortex nur zeitlich weiter zurückliegende Angstzustände löschen ließen. Zeitlich kürzer zurückliegende Angstzustände konnten hingegen nicht aufgehoben werden – die Ratten erstarrten trotz inaktivem Hörzentrum.

In der Frühphase der Erinnerung ist also eine andere Gehirnregion für die Speicherung verantwortlich, schreiben die Wissenschaftler. Das erkläre, weshalb sich in den Versuchen aktuelle und historische Erinnerungen getrennt beeinflussen ließen. Experimente im Seh- und Riechzentrum lieferten dieselben Ergebnisse: Einen Monat alte Angstzustände konnten beseitigt werden, aber die einen Tag zuvor gemachten Erlebnisse nicht. Gleiches galt für die angeborene Angst vor dem Geruch eines Feindes: Sie ließ sich ebenfalls nicht ausschalten.

Dass Emotionen während des Erinnerungsprozesses eine so bedeutende Rolle spielen, liegt an der Speichertechnik des Gehirns. Sowohl der emotionale Teil als auch die Verhaltensreaktion einer Erfahrung werden gemeinsam abgelegt, und das nahe beieinander, schreiben die Wissenschaftler. Nach einer bestimmten Phase verlagere dann das Gehirn die Informationen.

Tiziana Sacco und Benedetto Sacchetti (University of Turin, Italien) et al.: Science, Bd. 329, Onlinevorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1183165


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Erinnerung
24.01.2011 - Medizin

Immun gegen das Vergessen

Forscher glaubt: Körperabwehr beeinflusst Gedächtnisleistung

Wie gut sich Menschen an etwas erinnern können, hängt möglicherweise stark von der Fitness ihres Immunsystems ab. Darauf deuten die Ergebnisse von Studien hin, die der US-Forscher Jonathan Kipnis von der Universität von Virginia und seine Kollegen durchgeführt haben. Dass das Gedächtnis im Alter häufig nachlässt, könnte demnach mit dem Schwächeln der körpereigenen Abwehr im Alter zusammenhängen, vermuten die Wissenschaftler. Folglich müsste eine Stärkung des Immunsystems diese Entwicklung aufhalten. Zudem könnte durch neuartige Medikamente, die das Immunsystem ankurbeln, sogar die Hirnleistung gesunder, junger Menschen gesteigert werden.

Die Forscher verwendeten in ihren Versuchen Labormäuse, denen eine Art von Immunzellen, die sogenannten CD4- oder T-Helfer-Zellen, fehlten. Sie stellten fest, dass die Tiere nur sehr schwer lernen konnten und ein schlechtes Gedächtnis hatten. Als die Wissenschaftler den Mäusen CD4-Zellen von gesunden Mäusen spritzten, wurde auch ihre Erinnerungsfähigkeit besser. Weitere Studien von Kipnis und anderen Forscherteams konnten zeigen, welche Rolle die CD4-Zellen im Gehirn spielen: Eine neue Aufgabe zu lernen, löst im Gehirn eine leichte Stressreaktion aus. Diese bewirkt, dass sich die CD4-Zellen zu den Hirnhäuten, die das Gehirn umgeben, bewegen. Dort setzen sie den Botenstoff Interleukin-4 frei, der zum einen die Stressantwort abschaltet und zum anderen die Ausschüttung eines weiteren Botenstoffs aus Hirnzellen auslöst, der die Lernfähigkeit verbessert.

Ob sich diese Erkenntnisse aus den Tierversuchen direkt auf den Mensch übertragen lassen, ist noch nicht klar. Es gibt laut Kipnis jedoch bereits Hinweise darauf, dass das Immunsystem beim Menschen eine ähnliche Bedeutung für das Lernen und das Gedächtnis hat wie bei den Nagetieren. So unterdrückten zum Beispiel viele Medikamente, die im Rahmen einer Krebsbehandlung eingesetzt werden, auch das Immunsystem. Dies könnte erklären, warum manche Krebspatienten durch eine solche Chemotherapie Probleme mit Gedächtnisleistungen hätten. Zudem könnten träge Immunzellen nach Ansicht von Kipnis auch dafür verantwortlich sein, dass das Gehirn langsamer arbeitet, wenn man altert. "Ich sage nicht, dass dies der einzige Faktor ist, der zur Altersdemenz führt, aber es könnte definitiv einer davon sein", ist der Forscher überzeugt.

Wenn sich bestätigt, dass das Immunsystem auch beim Menschen für die Gedächtnisleistung wichtig ist, könnte dies die Basis für die Entwicklung neuartiger Medikamente sein, mit denen sich die Hirnleistung verbessern lässt. Die Forschergruppe um Kipnis ist bereits dabei, ein solches Hirndoping zu entwickeln, um es in Mäuseexperimenten zu testen. Danach planen die Wissenschaftler, es bei der Behandlung des Rett-Syndroms einzusetzen - einer Entwicklungsstörung, die ebenfalls mit abnormalen Immunzellen in Verbindung gebracht wird.

Kipnis geht jedoch noch weiter: Er glaubt, dass nicht nur der geistige Verfall im Alter oder bei Krankheiten mit solchen Medikamenten rückgängig gemacht werden kann. Auch die Hirnleistung junger, gesunder Menschen zu steigern, hält er für möglich. "Jemanden, der schon sehr klug ist, kann man so wohl nicht noch klüger machen. Aber bei jemanden mit einem Durchschnitts-IQ lässt sich die Gedächtnisleistung wohl steigern", meint Kipnis. Andere Forscher äußern sich zurückhaltender in ihrer Einschätzung, wie stark das Immunsystem das Nervensystem beeinflusst und warnen vor einer vorschnellen medikamentösen Anwendung

New Scientist, Bd. 2795, S. 32


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Erinnerung
28.01.2009 - Hirnforschung

Endlager der Erinnerung

Erinnerungen wandern im Lauf der Jahre in den Parietallappen unter der Schädeldecke

Im Gehirn gespeicherte Erinnerungen verlagern sich mit den Jahren vom zentral gelegenen Hippocampus zum Parietallappen unter der Schädeldecke. Das haben US-Forscher festgestellt, als sie die Gehirnaktivität von Freiwilligen beobachteten, während diese sich an Ereignisse in der Vergangenheit erinnerten.

Menschen mit einer Verletzung am Hippocampus haben oft Probleme, sich an Ereignisse nach und kurz vor der Schädigung zu erinnern. Ältere Erinnerungen bleiben ihnen hingegen erhalten. Daher konnte schon vermutet werden, dass sich die Beteiligung des Hippocampus beim Zugriff auf Gedächtnisinhalte mit den Jahren verringert. Den Forschern gelang es nun, Klarheit zu schaffen.

Die Teilnehmer der Studie beantworteten Fragen zu populären Ereignissen der vergangenen 30 Jahre. Die Forscher maßen währenddessen die Hirnaktivität – mit eindeutigem Ergebnis: Bei Fragen zu jungen Ereignissen arbeitete der Hippocampus heftig. Seine Aktivität wurde jedoch geringer, je weiter die Ereignisse zurücklagen. Für Ereignisse, die 13 bis 30 Jahre zurücklagen, war die Aktivität gleichbleibend sehr niedrig. Ein gegenteiliges Muster zeichnete sich hingegen im Parietallappen unter der Schädeldecke ab: Die Aktivität nahm mit dem Alter der Ereignisse von 1 bis 12 Jahren zu und blieb von 13 bis 30 Jahren hoch. Die Forscher schließen daraus, dass der Parietallappen als Langzeitspeicher für Erinnerungen dient.

Christine Smith (University of California, San Diego) et al.: Veröffentlichung in Journal of Neuroscience (28. Januar).


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