Notizen aus der
Wissenschaft:
Stichwort:
Entwicklungsstörung
Entwicklungsstörung
10.03.2009 - Gesundheit
Retardierte Kinder
Genkarte für geistige Entwicklungsverzögerung:
Wenn gesunde Eltern kranke Kinder bekommen
Die geistige Entwicklungsverzögerung ist eines
der letzten großen Rätsel der Genetik. Gegenwärtig
versucht ein Netzwerk deutscher Forscher, erstmals alle Ursachen
systematisch aufzuklären. Einige wichtige Lücken konnten
sie bereits schließen. Die Entdeckungen sollen die Basis
künftiger Therapien bilden.
Für Eltern ist es einer der größten Albträume:
Ihr Kind wird gesund geboren, lernt einfach nicht laufen.
Mutter und Vater hoffen jeden Tag auf Neue auf die ersten
Gehversuche. Sie bleiben aus. "Am Anfang steht immer
die Frage, ob es nur ein Spätentwickler ist", schildert
André Reis, Humangenetiker an der Universität
Erlangen. Dann gesellen sich weitere Symptome hinzu. Auch
sprechen kann der Sprössling noch nicht, während
Gleichaltrige schon erste Sätze bilden. Ärzte diagnostizieren
in solchen Fällen oft eine mentale Retardierung, eine
geistige Entwicklungsverzögerung. Zwei bis drei Prozent
aller Kinder ereilt dieses Schicksal.
"Die mentale Retardierung ist eines der großen
ungelösten Rätsel der Genetik", sagt Reis.
Einerseits sind die Ursachen noch nicht vollständig aufgeklärt.
Andererseits tritt die Erkrankung ebenso vielfältig wie
unergründlich in Erscheinung. Manche Kinder können
nicht sprechen und sitzen, andere durchaus. Bei einigen fällt
die Störung schon bei der Geburt auf, bei anderen wird
sie erst im Kleinkindalter bemerkt.
Mehrere deutsche Forscher im Netzwerk mentale Retardierung
haben nun begonnen, Licht ins Dunkel zu bringen. Das Erbgut
von 3000 betroffenen Kindern wird dafür nach Auffälligkeiten
durchforstet. Denn in der Mehrzahl der Fälle liegt der
Behinderung ein genetischer Defekt zugrunde. Das Bundesministerium
für Bildung und Forschung finanziert das Vorhaben mit
vier Millionen Euro. Man hat die wirtschaftliche und gesellschaftliche
Tragweite des Problems erkannt, findet Reis. Viele betroffene
Kinder verbringen ihr Leben in Heimen.
Nunmehr könne man das Genom mit unbekannter Genauigkeit
betrachten. "Das ist, als hätten wir bisher aus
einem Spaceshuttle auf die Erde geblickt und konnten nur sehen,
wenn es in der Hauptstadt eines Landes brennt. Jetzt können
wir Tiefflüge unternehmen und dabei erkennen, in welchen
Straßen die Flammen lodern", verdeutlicht Reis.
Erstaunlich viele unterschiedliche Fehler in den Erbanlagen
können eine geistige Entwicklungsverzögerung nach
sich ziehen. Die Vielfalt der Ursachen erklärt auch die
verschiedenen Ausprägungen und die unterschiedliche Schwere
der Erkrankung. Rund hundert Formen kennen die Genetiker bereits,
rechnen aber mit weiteren hundert, wenn nicht tausend.
Das Team um Reis füllt einen Genatlas, der verrät,
welcher Defekt mit einer geistigen Entwicklungsverzögerung
einhergeht und wie diese sich äußert. Erst seit
kurzem wissen die Genetiker beispielsweise, dass bei jedem
zehnten Kind die Erkrankung gar nicht von den Eltern geerbt
wird. Vielmehr wird bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle
das Erbgut von Mann und Frau neu zusammengestellt. Bei diesem
Vorgang können sich Fehler einschleichen, indem beispielsweise
ein Gen zu viel oder zu wenig angelegt wird. Weil die Entwicklungsverzögerung
in diesem Fall nicht von den Eltern stammt, sondern neu entstanden
ist, sprechen die Forscher auch von de-novo-Erkrankungen.
"Wenn es sich um eine de-novo-Erkrankung handelt, können
wir den Eltern in der genetischen Sprechstunde sagen, dass
das Erkrankungsrisiko für ein weiteres Kind relativ gering
ist", erklärt Reis die Tragweite des Befundes. Viele
Paare, für die die Familienplanung bis dahin Kopf gestanden
habe, würden dann wieder Zukunftspläne schmieden.
Nunmehr könne man das Genom mit unbekannter Genauigkeit
betrachten. "Das ist, als hätten wir bisher aus
einem Spaceshuttle auf die Erde geblickt und konnten nur sehen,
wenn es in der Hauptstadt eines Landes brennt. Jetzt können
wir Tiefflüge unternehmen und dabei erkennen, in welchen
Straßen die Flammen lodern", verdeutlicht Reis.
Erstaunlich viele unterschiedliche Fehler in den Erbanlagen
können eine geistige Entwicklungsverzögerung nach
sich ziehen. Die Vielfalt der Ursachen erklärt auch die
verschiedenen Ausprägungen und die unterschiedliche Schwere
der Erkrankung. Rund hundert Formen kennen die Genetiker bereits,
rechnen aber mit weiteren hundert, wenn nicht tausend.
Das Team um Reis füllt einen Genatlas, der verrät,
welcher Defekt mit einer geistigen Entwicklungsverzögerung
einhergeht und wie diese sich äußert. Erst seit
kurzem wissen die Genetiker beispielsweise, dass bei jedem
zehnten Kind die Erkrankung gar nicht von den Eltern geerbt
wird. Vielmehr wird bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle
das Erbgut von Mann und Frau neu zusammengestellt. Bei diesem
Vorgang können sich Fehler einschleichen, indem beispielsweise
ein Gen zu viel oder zu wenig angelegt wird. Weil die Entwicklungsverzögerung
in diesem Fall nicht von den Eltern stammt, sondern neu entstanden
ist, sprechen die Forscher auch von de-novo-Erkrankungen.
"Wenn es sich um eine de-novo-Erkrankung handelt, können
wir den Eltern in der genetischen Sprechstunde sagen, dass
das Erkrankungsrisiko für ein weiteres Kind relativ gering
ist", erklärt Reis die Tragweite des Befundes. Viele
Paare, für die die Familienplanung bis dahin Kopf gestanden
habe, würden dann wieder Zukunftspläne schmieden.
Die schwerwiegenden Folgen des fehlenden Proteins können
jedoch gelindert werden, indem der Spiegel des Botenstoffs
Glutamat im Gehirn abgesenkt wird. Das beobachtete man an
Mäusen und Fruchtfliegen. Diese Entdeckung nahm unter
anderem die amerikanische Forschungsförderungsorganisation
Fraxa zum Anlass, Tests an Patienten mit der Arznei Fenobam
zu finanzieren. Fenobam vermindert nämlich gerade das
Glutamat im Gehirn. Bei sechs von zwölf Personen besserte
sich der geistige Zustand in einer ersten Studie geringfügig.
Kreienkamp ist überzeugt, dass es für häufige
Formen der mentalen Retardierung wie das fragile X-Syndrom
eines Tages Therapien geben wird. Bis dahin werden aber noch
viele Jahre gehen. "Was wir heute herausfinden, hilft
erst den Kindern von übermorgen."
Entwicklungsstörungen
02.07.2001 - Psychologie
Kindliche Entwicklungsprobleme weiter verbreitet
als gedacht
Autismus und verwandte Entwicklungsprobleme sind bei
Kindern weiter verbreitet als bislang angenommen, sagt eine
britische Studie, die den Bedarf an frühen Diagnosen betont.
Eine Untersuchung von 15.500 Kindern im Alter zwischen 2,5 und
6,5 Jahren fand bei 0,6 Prozent eine durchdringende Entwicklungsstörung,
wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Journal of the
American Medical Association berichten. Vor Jahrzehnten
war die Fachwelt von einem um das 10-fache geringeren Prozentsatz
ausgegangen, berichtet der Studienleiter Eric Fombonne, der
als Epidemiologe am Kings College in London arbeitet. Aber
die Ergebnisse dreier Studien in den letzten zwei Jahren,
die alle Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren untersuchten,
kommen zu viel höheren Zahlen. Die früheren niedrigen
Prozentzahlen könnten durch eine engere Definition der
Entwicklungsstörung entstanden sein. Denn auch in den
neuen Studien leiden nur 25 Prozent der diagnostizierten Kinder
an Autismus, während die anderen meist Entwicklungsstörungen
am milden Ende des Autismus-Spektrums zeigten.
Auch die frühzeitige Diagnose schon im Alter von 2
bis 3 Jahren könnte die höheren Zahlen erklären,
meint Fombonne. Doch je früher die Störung erkannt
wird, desto größer sind die Therapiechancen für
die Kinder, denn die meisten von ihnen sind behandelbar. So
fördern etwa Verhaltenstherapie, Sprachtraining und andere
Methoden die Leistung. Auch Medikamente können helfen.
So zeigen groß angelegte Versuche am Mount Sinai Center
den Beitrag von medikamentöser Behandlung auf unterschiedliche
Entwicklungsstörungen.
Die Ärzte raten Eltern, die Entwicklung ihrer kleinen
Kinder genau zu beobachten. Treten Probleme mit ihren sprachlichen
Fähigkeiten auf, sollten sie besonders aufmerksam sein.
Ein weiterer Hinweis könnte sein, wenn die Kinder den
Kontakt mit Spielkameraden meiden, direkten Augenkontakt scheuen
und motorische Schwierigkeiten beim Laufen entwickeln. Auch
abnormales wiederholtes Verhalten, wenn etwa dieselbe Sache
endlos wiederholt wird, ist ein auffälliges Kriterium
für Autismus.
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