Notizen aus der
Wissenschaft:
Stichwort:
Bewegungslernen
Bewegungslernen
04.03.2011 - Medizin
Zwei linke Füße - dank GABA
Hirnbotenstoff ist Schlüsselfaktor
für das Lernen von Bewegungen
Wer sich nur schlecht Tanzschritte oder andere Bewegungsabfolgen
merken kann, darf seinem Gehirn die Schuld daran geben - genauer
gesagt, einem Hirnbotenstoff namens GABA: Dessen Konzentration
spielt nämlich eine Schlüsselrolle beim Lernen von
Bewegungen, haben britische Wissenschaftlerinnen bei einer Studie
mit 12 Freiwilligen entdeckt. Die Probanden, deren GABA-Level
als Reaktion auf einen bestimmten äußeren Reiz schnell
sank, lernten auch dabei schneller. Auch die Ausgangkonzentration
des Signalstoffs scheint wichtig zu sein, zeigte die Auswertung:
Probanden mit einem hohen Grund-GABA-Level taten sich eher schwer
beim Lernen. Somit sei die Empfindlichkeit des GABA-Systems,
mit dem das Gehirn auf äußere Reize reagiert, entscheidend
für Lernen und Erinnerung - zumindest, was Bewegungen angeht,
schlussfolgern Charlotte Stagg und ihre Kolleginnen von der
University of Oxford. Der Botenstoff
GABA hemmt die Weiterleitung von Signalen im Gehirn und spielt
bei dessen Anpassungsfähigkeit, der sogenannten Plastizität,
eine wichtige Rolle. Da auch der Vorgang des Lernens auf einer
Veränderung des Gehirns beruht - schließlich knüpft
es dabei neue Verbindungen zwischen Nervenzellen und verstärkt
vorhandene - vermuteten die britischen Forscherinnen, dass
GABA auch für individuelle Unterschiede beim Lernerfolg
verantwortlich zeichnet. Wie schnell jemand lernt, könnte
von der Empfindlichkeit seines GABA-Systems abhängen,
so ihre These.
Um das zu prüfen, untersuchten sie
zwölf Probanden: sechs Männer und sechs Frauen.
Mit Hilfe der sogenannten Magnetresonanzspektroskopie (MRS)
maßen sie die Konzentration von GABA im Gehirn der Testteilnehmer.
Sie konzentrierten sich dabei auf den motorischen Cortex,
also das Bewegungszentrum des Gehirns, der für das Lernen
von Bewegungsabläufen wichtig ist. Nach dieser ersten
Messung wurden bei den Versuchsteilnehmern Elektroden auf
der Kopfhaut platziert, die einen schwachen Strom erzeugten.
Diese transkranielle Gleichstrombehandlung regt das Gehirn
an, die Konzentration an GABA zu senken, hatten bereits frühere
Studien gezeigt. Nach dieser Behandlung maßen die Forscherinnen
erneut die GABA-Menge im Gehirn der Probanden. Aus der Differenz
der beiden GABA-Konzentrationen vor und nach der Behandlung
konnten die Wissenschaftlerinnen Rückschlüsse auf
die Empfindlichkeit der jeweiligen GABA-Systeme im Gehirn
der Probanden ziehen. An einem anderen Tag mussten die Probanden
dann eine bestimmte Bewegungsabfolge der Finger lernen. Dabei
lagen sie erneut in einem Messgerät: einem funktionellen
Magnetresonanztomographen, der die Veränderung der Durchblutung
im Gehirn und damit dessen Aktivität sichtbar macht.
Es zeigte sich, dass Probanden, deren
GABA-System schneller und stärker auf die Reizung ansprach,
auch schneller die Bewegungsabfolge lernten. Ihre Gehirne
zeigten zudem beim Lernen eine größere Aktivität
im Bereich des motorischen Cortex. Des Weiteren fanden die
Forscherinnen heraus, dass Probanden, die eine insgesamt höhere
GABA-Konzentration im Gehirn aufwiesen, langsamer lernten,
und dass ihr Gehirn beim Lernen auch weniger aktiv war.
Wie vermutet sei demnach die Empfindlichkeit
des GABA-Systems auf äußere Reize der Schlüssel
für erfolgreiches Lernen, schlussfolgern die Forscherinnen.
Sie vermuten, dass GABA die Verknüpfung von Nervenzellen
beeinflusst, die eine entscheidende Rolle beim Lernen spielen.
Dieses Wissen könnte auch Schlaganfallpatienten helfen,
bei denen das GABA-System aus dem Gleichgewicht geraten ist,
glauben sie. Die transkranielle Gleichstrombehandlung könnte
das System wieder stabilisieren.
Charlotte Stagg (University of Oxford)
et al: Current Biology, Online-Vorabveröffentlichung
vom 3. März
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