Notizen aus der
Wissenschaft:
Stichwort:
Babys Schreien
Babys Schreien
06.11.2009 - Psychologie
Babygebrüll auf Französisch
Säuglinge schreien in der typischen
Sprachmelodie ihrer Muttersprache
Babys lernen Sprache und ihre Betonung bereits im
Mutterleib. Das fanden Wissenschaftler der Universität
Würzburg heraus, die Schreie von Neugeborenen deutscher
und französischer Eltern untersuchten. Sie beobachteten
dabei Übereinstimmungen zwischen den Schreien und den
typischen Melodien beider Sprachen: Analog zur deutschen Sprache
enden die Schreie bei den deutschen Babys tiefer als sie beginnen.
Das Schreien der französischen Säuglinge wies hingegen
wie auch das Französisch eine eher ansteigende Sprachmelodie
auf. Frühere Untersuchungen hatten bereits ergeben, dass
ältere Säuglinge beim Brabbeln bereits die Betonung
der Muttersprache benutzen. Die Wissenschaftler um Birgit
Mampe datieren die Wurzeln dieser sprachlichen Entwicklung
nun bereits auf die letzten drei Monate vor der Geburt.
Die Wissenschaftler nahmen Schreie von
30 deutschen und 30 französischen Neugeborenen im Alter
von 2 bis 5 Tagen auf, deren Eltern beide deutsch beziehungsweise
französisch sprachen. Beim Vergleich dieser Aufzeichnungen
mit dem Muster der beiden Sprachen stellten die Forscher länderspezifische
Unterschiede in der Frequenz und der Lautstärke fest:
Die Schreie der französische Neugeborene schwellen von
einer niedrigen Frequenz in eine höhere an. Die deutschen
Schreier begannen hingegen hoch und laut, endeten dann aber
leiser und tiefer.
Bereits frühere Studien hatten ebenfalls die Laute von
Säuglingen untersucht, jedoch erst ab der zwölften
Lebenswoche, da diese erst ab diesem Alter ihre Stimme kontrollieren
können. Obwohl die Fähigkeit noch fehlt, sich zu
artikulieren, können die Kinder Sprache bereits imitieren,
glauben die Forscher: Ihrer Meinung nach arbeiten die Atmung
und der Stimmapparat bei den Neugeborenen so gut zusammen,
dass die Imitation gelingt.
Die Ergebnisse zeigen: Babys lernen die Sprache der Eltern,
die Melodie und ihre Intensität bereits vor der Geburt
kennen. Sie greifen beim Schreien auf die Erinnerung der letzten
drei Monaten vor der Geburt zurück. Babys werden attraktiver,
wenn sie ihr Schreien der Sprache der Mutter angepasst haben
und festigen so ihre Bindung zur Mutter, spekulieren die Wissenschaftler.
Birgit Mampe (Universität Würzburg) et al.: Current
Biology, doi: 1016/j.cub.2009.09.064
Babys Schreien
01.06.2006 - Psychologie
Warum man Säuglinge nicht weinen lassen
sollte
Babys schreien mehr und nicht weniger, wenn ihre Eltern
sie weinen lassen anstatt sie zu trösten. Das hat ein britisches
Forscherteam in einer Studie mit frisch gebackenen Eltern beobachtet.
Die Säuglinge, die von ihren Eltern beim ersten Schrei
sofort tröstend auf den Arm genommen wurden, weinten dabei
um fast die Hälfte weniger als die Kinder, deren Eltern
erst nach einiger Zeit auf die Schreie reagierten. Ständiger
Körperkontakt hatte dagegen keinen zusätzlichen positiven
Einfluss, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist.
Das Team um Ian St. James-Roberts von der University of
London rekrutierte für die Studie junge Elternpaare aus
London und Kopenhagen. Zusätzlich nahm eine Gruppe von
Eltern aus Großbritannien, Dänemark und den USA
teil, die sich vorgenommen hatten, ihre Kinder praktisch ständig
auf dem Arm zu tragen. Alle Paare wurden gebeten, in einem
Tagebuch aufzuzeichnen, wann und wie lange die Säuglinge
schrieen, wie häufig sie nachts aufwachten, welche Schlaf-
und Essgewohnheiten die Kleinen hatten und wie die Eltern
jeweils reagiert hatten.
Die Elternpaare ließen sich in drei Gruppen einteilen,
zeigte die Auswertung: Als die Kinder zehn Tage alt waren,
hielten die Londoner Eltern ihre Babys im Schnitt täglich
achteinhalb Stunden auf dem Arm und tendierten dazu, die Kleinen
eine zeitlang schreien zu lassen, bevor sie reagierten. Die
Paare aus Kopenhagen nahmen ihre Kinder deutlich schneller
hoch und trugen sie durchschnittlich knapp zehn Stunden täglich
auf dem Arm. Die gemischte Elterngruppe brachte es schließlich
auf sechzehn Stunden Körperkontakt täglich, wobei
die Paare die Kinder auch häufig mit im gemeinsamen Bett
schlafen ließen.
Der Londoner Ansatz gefiel den Babys dabei wohl am wenigsten,
so der "New Scientist": Im Alter von zwei und fünf
Wochen schrieen die Kinder rund fünfzig Prozent mehr
als die Kleinen aus den anderen beiden Gruppen, und selbst
im Alter von zwölf Wochen waren sie noch deutlich unruhiger.
Ob die Säuglinge dagegen zehn oder sechzehn Stunden täglich
auf dem Arm getragen wurden, machte keinen Unterschied. Die
Forscher empfehlen daher, sehr junge Babys bei Bedarf zu trösten,
um Häufigkeit und Dauer des Schreiens zu minimieren.
Bei Kindern, die wegen der häufig auftretenden so genannten
Dreimonatskoliken weinen, helfe diese Strategie allerdings
nicht, kommentiert Studienleiter St. James-Roberts.
Babys Schreien
New Scientist, 3. Juni , S. 17
Schreiende Babys sind anfälliger für
Neurodermitis
Schreiende Babys bekommen eher Neurodermitis als
ruhige, berichten finnische Wissenschaflter vom Universitätskrankenhaus
in Turku. Ein Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Babys
in den ersten drei Lebensmonaten und Allergien im Kindesalter
wird in der Studie in den Archives of Disease in Childhood
dargelegt.
Schreien, Unruhe und cholerisches Verhalten in der 7. und
12. Lebenswoche bei vorbelasteten Babys können erste
Anzeichen für eine spätere Neurodermitis sein, erklärt
Kalliomaki. In einer Studie mit 116 vorbelasteten Babys, bei
denen in der Famile mindestens ein Angehöriger unter
Neurodermitis, allergischem Schnupfen oder Asthma leidet,
dokumentierten die Eltern täglich genau, wie sich ihre
Babys verhielten.
Es zeigte sich, dass die Kinder, die später Neurodermitis
bekamen, wesentlich mehr schrien als Babys, die gesund blieben.
Dr. L-M. Schmidt
Babys Schreien
03.11.2004 - Hirnforschung
Lautes Warnsignal
Studie: Ständiges Schreien bei Kleinkindern
ist möglicherweise Zeichen für Entwicklungsprobleme
Wenn Säuglinge länger als drei Monate
lang übermäßig schreien, könnte das ein
Hinweis auf Entwicklungsstörungen sein. Das schließen
amerikanische Wissenschaftler aus einer Studie, in der sie
das Schreiverhalten und die spätere geistige Entwicklung
von gut 300 Kindern untersuchten. Im Alter von fünf Jahren
zeigten dabei die Kinder, die als Säuglinge sehr lange
sehr viel geschrien hatten, deutlich häufiger eine eingeschränkte
Entwicklung ihrer geistigen Fähigkeiten als Kinder, deren
Schreiverhalten maximal drei Monate lang auffällig gewesen
war. Das berichtet der Online-Dienst der Fachzeitschrift Science.
Wenn ansonsten gesunde, normal entwickelte Kinder während
ihrer ersten drei Lebensmonate sehr viel und sehr ausgiebig
schreien, liegen dem häufig die so genannten Drei-Monats-Koliken
zugrunde. Das Schreien wird dabei wahrscheinlich von Bauchschmerzen
verursacht, die durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten,
aber auch psychische Faktoren wie Spannungen in der Familie
ausgelöst werden können. Nach etwa drei Monaten
gehen diese Schreianfälle meistens stark zurück
oder hören ganz auf.
Ständige Schreiattacken nach diesem Zeitraum sollten
Familien dagegen als Alarmsignal betrachten, schreibt das
Team um Mallo Rao vom National Institute of Health (NIH) in
Bethesda. Die Forscher hatten die Daten von 327 Kindern ausgewertet,
die bis zum Alter von 13 Monaten regelmäßig medizinisch
untersucht worden waren. Diese Daten verglichen die Wissenschaftler
mit Informationen aus Fragebögen, die die Mütter
fünf Jahre später ausfüllten. Bei den Schreikindern
waren dabei Verhaltensstörungen, eingeschränkte
feinmotorische Fähigkeiten, Hyperaktivität und schlechtere
Werte bei IQ-Tests sehr viel häufiger als bei ihren Altersgenossen,
die weniger geschrien hatten.
Dieser Zusammenhang war auch dann noch vorhanden, wenn andere
Faktoren wie Gesundheitsprobleme, Bildungsstand der Eltern
und sozioökonomischer Status der Familie berücksichtig
wurden. Wie genau das Schreien und die späteren Entwicklungsprobleme
zusammenhängen, können die Forscher jedoch noch
nicht sagen. Sie vermuten jedoch, dass Schreikinder aufgrund
von neurologischen Störungen insgesamt reizbarer sein
könnten als andere Kinder, und dass diese Störungen
auch für die verzögerte Entwicklung verantwortlich
sein könnten.
Die Originalveröffentlichung der Forscher ist in der
Fachzeitschrift Archives of Disease in Childhood erschienen
(Bd. 89, S. 989).
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