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Notizen aus der Wissenschaft:


Stichwort: Amygdala

  Artikel:
> Wenn einem die Luft weg bleibt
> Wie die Erinnerung an ein Trauma verblasst
> Gehirne von Eltern ticken anders
> Mandelkern beeinflußt das Gedächtnis entscheidend
> Das Hirnareal Amygdala verstärkt emotionale Reize
   
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Amygdala
26.11.2009 - Hirnforschung

Wenn einem die Luft weg bleibt

Panikreaktionen lassen sich wahrscheinlich auf die Ur-Angst vorm Ersticken zurückführen

Panikreaktionen basieren auf einem Mechanismus, der ursprünglich entstand, um vor einem drohenden Erstickungstod zu warnen. Das haben amerikanische Wissenschaftler von der Universität von Iowa in Iowa City herausgefunden. Sie setzten Mäuse einer erhöhten Kohlendioxid-Konzentration aus und untersuchten zeitgleich die Auswirkungen auf die Amygdala, eine Gehirnregion, die bei der Entstehung von Angst eine entscheidende Rolle spielt. Die Forscher stellten nun fest, dass spezielle Sensoren in der Amygdala ein vom Kohlendioxid verursachtes Absinken des pH-Werts registrieren, woraufhin Alarm ausgelöst wird. Bei Menschen mit Angststörungen seien die CO2-Sensoren vermutlich überempfindlich, berichten die Wissenschaftler um Adam Ziemann.

Um einem drohenden Erstickungstod zu entkommen, folgt auf eine erhöhte CO2-Konzentration im Blut eine Angstreaktion. Die Forscher fragten sich nun, wie genau der Alarm im Gehirn ausgelöst wird. In vorangegangenen Studien hatten sie bereits herausgefunden, dass ein spezielles Protein namens ASIC1a an der Entstehung von Angst beteiligt ist. Dieses Protein reagiert auf Veränderungen des pH-Wertes: Dieser sinkt nämlich, wenn der CO2-Gehalt im Blut steigt. Die Vermutung der Forscher: Da ASIC1a in der Amygdala besonders häufig vorkommt, könnte dieser Hirnbereich nicht nur an der Entstehung der Angst beteiligt sein, sondern selbst als Sensor fungieren.

Um diese These zu überprüfen, setzten die Wissenschaftler Mäuse unterschiedlich hohen CO2-Konzentrationen aus und beobachteten ihr Verhalten: Bei einer CO2-Konzentration von fünf Prozent mieden die Tiere offene Flächen – ein Anzeichen von Furcht, denn offene Flächen bieten Feinden besonders viele Angriffsmöglichkeiten. Stieg die Konzentration gar auf 10 Prozent an, erstarrten die Mäuse, was bei vielen Tieren als Zeichen von großer Angst gilt. Bei einigen Tieren schalteten die Wissenschaftler nun aber die ASIC1a-Proteine in der Amygdala aus: Da somit keine Veränderungen im pH-Wert festgestellt werden konnten, zeigten die Tiere in der Folge auch keine Angst, als sich die CO2-Konzentration in ihrem Blut erhöhte.

In einem Folgeversuch konfrontierten die Forscher die Mäuse mit einem Duftstoff, der bei den Tieren Furcht erzeugte, nämlich dem Geruch eines Fuchses. Während die normalen Mäuse wiederum vor Angst erstarrten, zeigten die Tiere mit ausgeschaltetem ASIC1a-Protein auch in diesem Fall keine Reaktion. Nachdem die Wissenschaftler jedoch bei den normalen Mäusen den pH-Wert künstlich erhöht hatten, reagierten auch diese nicht länger auf den Fuchsgeruch. Demnach sinkt der pH-Wert also nicht nur in Anwesenheit von CO2, sondern auch bei anderen Bedrohungen. Diese Erkenntnis könnte neue Behandlungsansätze bei Menschen mit Angststörungen bieten, hoffen die Forscher.

Adam Ziemann (Universität von Iowa, Iowa City) et al.: Cell, Band 139, S. 1012


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Amygdala
12.07.2005 - Hirnforschung

Wie die Erinnerung an ein Trauma verblasst

Größe einer speziellen Gehirnregion bestimmt, wie gut emotionale Schicksalsschläge verarbeitet werden können

Ob ein Mensch gut mit einem traumatischen Erlebnis fertig werden kann, hängt mit der Größe einer bestimmten Hirnregion zusammen: Menschen mit einem besonders großen so genannten ventromedialen präfrontalen Cortex (vmPFC) haben eine sehr ausgeprägte Fähigkeit, die Erinnerung an eine angstvolle Situation auszulöschen. Das haben amerikanische Forscher in Experimenten mit 14 Freiwilligen nachgewiesen.

Nach einem traumatischen Erlebnis leiden viele Menschen unter stetig wiederkehrenden Ängsten, die oft durch Situationen ausgelöst werden, die sie an das Schreckenserlebnis erinnern. So gibt es ehemalige Soldaten, denen das Knattern eines Hubschraubers immer wieder dasselbe Kriegserlebnis in Erinnerung ruft, oder Opfer von Verkehrsunfällen, die durch das Quietschen eines Reifens in die Situation ihres Unfalls zurückversetzt werden. Solche oft geradezu zwanghaften Verknüpfungen verblassen bei den meisten Menschen nach und nach, da der Betroffene lernt, dass ein Hubschrauber nicht unbedingt Krieg und Gefahr bedeuten muss oder ein quietschender Reifen nicht immer mit Lebensgefahr einhergeht. Diese Fähigkeit bezeichnen Psychologen auch als Auslöschungsgedächtnis ("extinction memory").

Bei der Bewältigung solcher Erinnerungen spielt der vmPFC eine entscheidende Rolle, wiesen nun die Wissenschaftler in ihren Tests nach. Die Forscher zeigten den Probanden Bilder, auf denen entweder ein rotes oder ein blaues Licht dargestellt war. Nach dem blauen Licht verpassten die Forscher den Freiwilligen einen ungefährlichen elektrischen Stromstoß, so dass sie dieses Bild mit einer unangenehmen Erinnerung verbanden. Am nächsten Tag wiederholten die Wissenschaftler das Experiment, verzichteten jedoch auf den Stromstoß und bestimmten stattdessen das Stressniveau der Probanden anhand der Leitfähigkeit der Haut.

Dabei hatten diejenigen Probanden das unangenehme Erlebnis am besten verdrängt, deren vmPFC sich in einer Magnetresonanzaufnahme als besonders groß erwiesen hatte. Der vmPFC unterdrückt dabei die Aktivität der für die Entstehung von Angst entscheidenden Gehirnregion Amygdala, vermuten die Forscher. Mit den Ergebnissen könnte einmal die Behandlung von Patienten mit so genannten posttraumatischen Belastungsstörungen verbessert werden, die sich nicht mehr von ihren traumatischen Erinnerungen lösen können, hoffen die Wissenschaftler.

Mohammed Milad (Massachusetts General Hospital, Boston) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0502441102


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Amygdala
23.12.2003 - Hirnforschung

Gehirne von Eltern ticken anders

Babygeschrei aktiviert bei Müttern und Vätern andere Gehirnbereiche als bei Kinderlosen

Babygeschrei versetzt Eltern sofort in Alarmbereitschaft, während es Erwachsene ohne Kinder eher kalt lässt. Diesen Unterschied entdeckten Schweizer Forscher, als sie die Gehirnaktivitäten von Eltern und kinderlosen Erwachsenen untersuchten. Demnach aktivieren weinende Babys die Nervenzellen im Gefühlszentrum des Gehirns bei Eltern deutlich mehr als bei Kinderlosen. Das berichtet der Online-Dienst der Fachzeitschrift Nature (22. Dezember).

Erich Seifritz und seine Kollegen von der Universität Basel spielten Eltern kleiner Kinder und kinderlosen Männern und Frauen Aufnahmen lachender oder weinender Babystimmen vor. Gleichzeitig beobachteten die Forscher die Gehirnaktivität der Versuchspersonen mit der so genannten funktionalen Magnetresonanztomographie, mit der Aktivitäten in verschiedenen Gehirnbereichen sichtbar gemacht werden können.

Bei den Reaktionen der Probanden zeigten sich deutliche Unterschiede in den Gehirnen von Eltern und Kinderlosen: Im Gehirn der Eltern provozierte das Babyweinen hohe Aktivität in der so genannten Amygdalaregion und dem limbischen System, die für die Gefühlsverarbeitung zuständig sind. Eine solche Reaktion fehlte bei den kinderlosen Probanden weitgehend. Lachten die Babys dagegen, reagierten eher die Kinderlosen – nach Ansicht von Studienleiter Seifritz ein deutliches Zeichen dafür, dass die Gehirnaktivierung erlernbar ist.

Neben dem Gefühlszentrum erregte eine weitere Gehirnregion das Interesse der Forscher: Bei allen Frauen, nicht jedoch bei den Männern, fiel die Aktivität des so genannten präfrontalen Kortex ab, sobald sie die Stimmen der Kinder hörten. Dieser Gehirnbereich fungiert normalerweise als eine Art Filter, der unwichtige Geräusche aus der Vielzahl der täglichen Wahrnehmungen entfernt. Nimmt die Aktivität in diesem Bereich ab, entspricht das einer Öffnung des Filters. Dadurch reagierten die Frauen schneller auf die Babygeräusche. Dabei spielte es weder eine Rolle, ob die Babys lachten oder weinten, noch ob die Frauen Mütter waren oder nicht.

Die Reaktion Erwachsener auf Babystimmen besteht also aus einem erlernten und einem geschlechtsspezifischen, angeborenen Anteil, fassen die Forscher ihre Ergebnisse zusammen. Die Ergebnisse könnten helfen, Menschen mit gestörten Eltern-Kind-Beziehungen oder anderen emotionalen Störungen zu behandeln.
Originalartikel: Biological Psychiatry, Band 54, S. 1367


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Amygdala
25.02.1999 - Hirnforschung

Mandelkern beeinflußt das Gedächtnis entscheidend

Amerikanische Forscher haben verschiedenen Versuchspersonen Bilder vorgelegt, die entweder belanglos waren (es wurden Räume oder Pflanzen dargestellt), das Interesse weckten (z. Bsp. ein chromfarbenes Rhinozeros), oder aufwühlend wirkten (etwa erotische Szenen). Währenddessen haben die Wissenschaftler mit einem bildgebenden Verfahren die Aktivität des Mandelkerns im Gehirn ihrer Probanden beobachtet. Vier Wochen später testeten die Forscher, an welche Bilder sich die Probanden besonders gut erinnerten. Sie fanden - was nicht weiter überraschend ist-, daß insbesondere die mitreißenden Bilder im Gedächtnis haften blieben, während die belanglosen schnell vergessen wurden. Die Hirnscans ergaben, daß der Mandelkern bei den aufwühlenden Bildern besonders gut durchblutet wurde und mithin recht aktiv war. Bei den belanglosen Bildern war der Mandelkern kaum durchblutet. Die Forscher vermuten daher, daß es einen engen Zusammenhang zwischen der Stärke von Emotionen, der Aktivität des Mandelkerns und der Leistung des Gedächtnisses gibt.

Der Mandelkern, auch Amygdala genannt, befindet sich tief im Gehirn und gehört zum Zentrum des limbischen Systems, das eine unabdingbare Rolle in der Entstehung von Emotionen und bei der Bildung des Gedächtnisses spielt. Bei früheren Versuchen an Menschen und Tieren zeigte sich, daß eine elektrische Reizung der Amygdala Furcht- und Angriffsverhalten auslöst. Einem Affen, den man den Mandelkern entfernt hatte, konnte fortan nicht mehr zwischen ihm freundlich und unfreundlich gesonnenen Artgenossen unterscheiden. Auch Menschen, bei denen die Amygdala beschädigt wurde, haben oftmals Schwierigkeiten, die Stimmung und die Gesten von Mitmenschen zu deuten. Forscher vermuten daher, daß dem Mandelkern während der Evolution die Aufgabe zuwuchs, für das jeweils betroffene Tier wichtige Sachlagen qualitativ zu bewerten und für die Abspeicherung der Situation samt der Bewertung im Gedächtnis zu sorgen. Aus der Binnenperspektive unseres Geistes nehmen wir die Aktivität der Amygdala als Gefühle wahr, die wir in bestimmten Lagen empfinden.

Die neuen Versuche zum Zusammenhang zwischen Gedächtnisleistung, Emotionen und der Aktivität der Amygdala hat Stephen Hamann zusammen mit Kollegen von der Emory-Universität in Atlanta durchgeführt. Über die Ergebnisse ihrer Studien berichten die Forscher in der März-Ausgabe des Fachblattes "Nature Neuroscience".


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Amygdala
18.05.2001 - Hirnforschung

Das Hirnareal Amygdala verstärkt emotionale Reize

Die Amygdala, ein zum so genannten limbischen System gehörendes Gehirnareal, scheint die Wahrnehmung von emotional bedeutenden Reizen zu verstärken. Zu diesem Ergebnis kommen Adam K. Anderson von der Yale University, New Haven, und Elizabeth A. Phelps von der New York University. Ihre Studie stellen sie diese Woche im Fachmagzin Nature vor.

Ihre Ergebnisse weisen darauf hin, dass es eine neuronale Grundlage für emotionale Einflüsse auf die Wahrnehmung gibt, so die Autoren. Sie glauben, dass ähnliche neuronale Mechanismen die emotionale Modulation von Wahrnehmung und die Erinnerung emotionaler Erfahrungen steuern können. Menschen verfügen wahrscheinlich aufgrund der Bedeutung einer schnellen und effizienten Reizauswertung über spezialisierte neuronale Strukturen. Diese Strukturen erhalten vermutlich emotionale Erfahrungen aufrecht und verbessern die Wahrnehmung von emotional gefärbten Ereignissen. Nach Anderson und Phelps übernimmt die Amygdala eine wichtige Funktion in dieser Struktur.

Die Wissenschaftler untersuchten 20 gesunde Versuchspersonen und 11 Patienten mit Amygdala-Verletzungen. Sie zeigten den Versuchspersonen in schneller Abfolge abwechselnd emotionsgeladene Reizwörter, wie etwa "Vergewaltigung", und neutrale Wörter wie "Chrysantheme" und "Kaleidoskop". Es zeigte sich, dass die gesunden Versuchspersonen die aversiven, also negativ besetzten, Wörter besser wahrnehmen konnten als Wörter ohne emotionalen Inhalt. Im Gegensatz dazu zeigte eine Patientin mit einer beidseitig geschädigten Amygdala keine verbesserte Wahrnehmung für solch aversive Reize. Die erhöhte Wahrnehmung von aversiven Wörtern scheint aber spezifisch von der linken Amygdala abzuhängen, denn sie war auch bei Patienten mit einer Verletzung der rechten Amygdala beobachtbar. Dies gilt jedoch nur für den Zustand einer verminderten Aufmerksamkeit, wenn die Wörter in sehr schneller Reihenfolge erschienen. Sonst waren alle Patienten in der Lage, die Bedeutung der unterschiedlich emotional besetzten Wörter zu erkennen.

Die Amygdala, auch Mandelkern genannt, wird als eine zentrale Verarbeitungsstation für Gefühle gesehen. Anscheinend ist sie die Hirnstruktur, die für die emotionale Einfärbung von Informationen zuständig ist. Beidseitige Zerstörung der Amygdala führt zum Verlust von Furcht und Aggressionen, sowie zu Gefühlsarmut einschließlich der Abnahme von Angst.


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