Notizen aus der
Wissenschaft:
Stichwort:
ADHS
ADHS
04.02.2011 - Medizin
Aggressionen auf Diät
Veränderte Ernährung könnte
Kindern mit ADHS helfen
Eine spezielle hypoallergene Ernährung könnte
die Symptome der Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts-Störung
(ADHS) zumindest bei einigen betroffenen Kindern verringern.
Zu diesem Ergebnis kommt ein niederländisches Forscherteam
nach einer Studie mit 100 Freiwilligen. Darin hatten die Wissenschaftler
vier bis acht Jahre alten ADHS-Kindern fünf Wochen lang
nur Nahrungsmittel gegeben, die wenig Allergene enthalten.
Dabei stellten sie fest, dass sich dies positiv auf die Aufmerksamkeit
und das Verhalten der Kleinen auswirkte. Die spezielle Diät
sollte daher Teil der Behandlung aller Kinder mit ADHS sein,
empfehlen die Forscher um Jan Buitelaar.
Die Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts-Störung tritt
bei etwa fünf Prozent aller Kinder auf. Sie ist durch
ausgeprägte Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und
impulsives Verhalten gekennzeichnet. Bisher wird die Störung
meist mit Verhaltensübungen, Medikamenten und einem Training
der Eltern behandelt. Allerdings gab es bereits in der Vergangenheit
erste Hinweise darauf, dass auch allergieauslösende Stoffe
in der Nahrung Einfluss auf die Symptome haben könnten.
Buitelaar und sein Team untersuchten dies nun erstmals gezielt.
Die Untersuchungsgruppe bestand aus 50 Kindern mit ADHS im
Alter von vier bis acht Jahren, die fünf Wochen lang
nur wenig allergene Nahrungsmittel erhielten. Die Basis dieser
sogenannten Eliminationsdiät bildeten Reis, Gemüse,
Fleisch und Wasser, die dann individuell mit anderen Nahrungsmitteln
wie Kartoffeln, Obst oder Weizenprodukten ergänzt wurden.
Als Kontrollgruppe dienten 50 Gleichaltrige, die sich für
denselben Zeitraum an einen Ernährungsplan mit allgemeinen
Tipps zu gesundem Essen halten sollten.
Im zweiten Teil der Studie untersuchten die Wissenschaftler,
ob bestimmte Nahrungsmittel zu einer Rückkehr der Symptome
führten. Dafür erhielten diejenigen, die auf die
Diät positiv reagiert hatten, zusätzlich zur bisherigen
Ernährung weitere Lebensmittel - und zwar solche, die
in einem Vortest bei den Kindern eine messbare Veränderung
des IgG-Spiegels im Blut verursacht hatten. IgGs sind Antiköper,
die das Immunsystem bei Nahrungsmittelallergien verstärkt
produziert.
Die Auswertung ergab, dass die Eliminationsdiät bei
32 der 41 Kinder, die die Diät durchgehalten hatten,
zu einem signifikanten Rückgang der ADHS-Symptome führte.
Die Konfrontation mit bestimmten Nahrungsmitteln in der zweiten
Untersuchungsphase führte bei 19 der 30 getesteten und
damit bei 63 Prozent zu einer Rückkehr der Symptome.
Ein direkter Zusammenhang zwischen den IgG-Spiegeln und der
Reaktion auf die Nahrungsmittel ließ sich allerdings
nicht feststellen - die IgG-Menge eigne sich also entgegen
der allgemeinen Annahme nicht dazu, potenziell problematische
Nahrungsmittel zu identifizieren, sagen die Forscher.
" Die Teilnehmer unserer Untersuchung sind repräsentativ
für alle Kinder mit ADHS", ist Studien Buitelaar
überzeugt. Das spreche dafür, dass eine spezielle
Ernährung bei allen Kindern mit ADHS Teil des Behandlungsplans
werden sollte. Allerdings sollte eine solche Ernährung
streng überwacht werden, damit die Kinder keinen Mangel
an bestimmten Nährstoffen erleiden, schreibt Jaswinder
Kaur Ghuman von der Universität von Arizona in Tucson
(USA) in einem begleitenden Kommentar. "Die Eliminationsdiät
sollte maximal zwei Wochen lang gegeben werden. Wenn sie einen
Nutzen zeigt, können nach und nach einzelne Lebensmittel
wieder hinzugefügt werden, um problematische Lebensmittel
zu identifizieren und die Ernährung gleichzeitig wieder
vielfältiger zu machen."
Jan Buitelaar (Radboud-Universität) et al: The Lancet,
Band 377, S. 494
ADHS
13.11.2007 - Medizin
ADHS bremst das Gehirn
Forscher finden verzögerte Hirnreifung
bei Kindern mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom
Bei Kindern mit einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung
(ADHS) entwickelt sich das Gehirn normal, aber zeitverzögert:
Viele Hirnregionen reifen im Schnitt drei Jahre später
als bei Kindern ohne die Verhaltensauffälligkeiten, haben
amerikanische und kanadische Forscher nachgewiesen. Besonders
betroffen sind die Regionen, die für die Kontrolle der
Aufmerksamkeit, die Steuerung von Bewegungen und die Bewertung
von Sinneseindrücken zuständig sind. Dass die Entwicklung
lediglich verschoben, aber nicht verändert ist, erklärt
nach Ansicht der Forscher, warum sich die Probleme der betroffenen
Kinder später auszuwachsen scheinen.
Bei insgesamt 446 Kindern und Jugendlichen untersuchten
die Wissenschaftler mit der Magnetresonanztomographie, wie
dick die Großhirnrinde an insgesamt 40.000 Punkten war.
Jedes Kind wurde mindestens zweimal im Abstand von etwa drei
Jahren gescannt. Im Fokus stand dabei die Frage, wann die
Großhirnrinde die maximale Dicke erreichte, ein Zeitpunkt,
ab dem überflüssige Nervenverbindungen im Zuge einer
Optimierung des Gehirns wieder abgebaut werden. Die Probanden,
deren Alter zwischen dem von Vorschulkindern und jungen Erwachsenen
lag, bildeten dabei zwei Gruppen: eine mit diagnostiziertem
ADHS und eine gesunde Vergleichsgruppe.
Bei allen Kindern verlief die Reifung des Gehirns im gleichen
Muster, sozusagen von hinten nach vorne, ergab die Auswertung.
Allerdings erreichten die untersuchten Punkte in den Gehirnen
der ADHS-Kinder im Vergleich zur Kontrollgruppe ihre maximale
Ausdehnung im Durchschnitt drei Jahre, in manchen Fällen
sogar fünf Jahre später. Eine Ausnahme bildete das
motorische Zentrum: Es war die einzige Hirnregion, die bei
der ADHS-Gruppe früher reifte.
Besonders ausgeprägt war die Verzögerung bei Arealen
im vorderen Bereich des Gehirns. Sie sind allgemein zuständig
für die höheren Funktionen wie etwa das abstrakte
Denken, die Fähigkeit, unpassende Reaktionen unterdrücken
zu können oder die Kontrolle der Aufmerksamkeit –
genau den Fähigkeiten also, die bei Kindern mit ADHS
häufig beeinträchtigt sind. Besonders interessant
sei zudem gewesen, dass sich zwar das Bewegungszentrum sehr
schnell entwickelte, die für die Kontrolle von Bewegungen
zuständige Region aber eine deutlich verzögerte
Reifung zeigte, berichten die Forscher.
Sie wollen nun die genauen genetischen und neurophysiologischen
Ursachen der Entwicklungsverzögerung untersuchen. ADHS
kommt bei schätzungsweise drei bis zehn Prozent aller
Kinder vor und ist gekennzeichnet durch Konzentrationsstörungen,
Störungen der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung
sowie unterschiedliche weitere Verhaltensauffälligkeiten.
Philip Shaw (National Institute of Mental Health, Bethesda)
et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0707741104
ADHS
10.02.2011 - Psychologie
Früherkennung für Zappelphilipp und
Traumsuse
Forscher entwickeln Test für kindliche
Hyperaktivitätsstörung
Forscher von der Universität in Landau haben
einen Test entwickelt, mit dem sich erste Anzeichen einer
Aufmerksamkeits-Defizit- beziehungsweise Hyperaktivitäts-Störung
(ADHS) bereits im Kindergartenalter erkennen lassen. Er erfasst
verschiedene Facetten der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit
der Kinder und ist damit laut den Entwicklern ein vergleichsweise
objektives Werkzeug zur Diagnose der Verhaltensproblematik.
Bisher waren es hauptsächlich die eher subjektiven Beobachtungen
von Erzieherinnen oder Eltern, die den Anstoß für
eine genauere psychologische Untersuchung der Kinder gaben,
erläutert Reinhold Jäger, einer der beteiligten
Forscher. Eine möglichst frühe Diagnose ist wichtig,
um das Kind gezielt fördern und damit die bei ADHS-Kindern
typischen Probleme in der Schule minimieren zu können.
Das Testsystem nutzt eine kindgemäße Geschichte,
um Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit zu messen,
berichtet die Universität Koblenz-Landau.
ADHS ist eine häufige Verhaltensproblematik im Kindesalter,
Schätzungen zufolge sind davon drei bis zehn Prozent
der Kinder in Deutschland betroffen. Dabei tritt ADHS bei
Jungen deutlich häufiger auf als bei Mädchen. Oft
unterscheidet sich auch die Ausprägung zwischen den Geschlechtern:
Mädchen neigen eher zu Aufmerksamkeitsschwierigkeiten
- sie sind unaufmerksam und träumen vor sich hin. Bei
Jungen äußert sich ADHS eher in Hyperaktivität,
woher auch die landläufige Bezeichnung "Zappelphilipp-Syndrom"
stammt. Als Folge der Verhaltensauffälligkeit entwickeln
sich bei den betroffenen Kindern häufig schulische und
soziale Probleme.
Mit dem neuen Testverfahren wollen die Wissenschaftler mögliche
Anzeichen für die Störung so früh erfassen,
dass dieser Entwicklung gezielt entgegengewirkt werden kann.
Sie konzentrieren sich dabei auf Auffälligkeiten bei
der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und Probleme
mit dem Arbeitsgedächtnis. Das Testverfahren kann den
Forschern zufolge im Kindergarten ebenso eingesetzt werden
wie in der Vorschule, innerhalb der ärztlichen Praxis,
in der Erziehungsberatung oder in der Physiotherapie.
Der Test benutzt als Grundlage eine Geschichte um einen
Zauberer namens Zwickelzwackel und sein Geburtstagsfest. Dabei
werden bei den Kindern die Hauptwahrnehmungskanäle Sehen
und Hören getrennt und zusammen angesprochen. Der Tester
kann dabei anhand von bestimmten Kriterien bei der Reaktion
des Kindes fünf Fähigkeiten erfassen: Konzentration
und Daueraufmerksamkeit, Aufmerksamkeitskontrolle und Reaktionshemmung
sowie geteilte Aufmerksamkeit. Die durchschnittliche Dauer
des Tests beträgt etwa 45 Minuten, die Ergebnisse werden
auf Protokollbögen notiert und ausgewertet. Nach Angaben
der Entwickler erreicht der Test einen hohen Grad an Zuverlässigkeit
und kommt auch bei Wiederholungen zu vergleichbaren Ergebnissen.
Interessierte können das Testsystem über den Verlag
Pearson Clinical and Talent Assessment käuflich erwerben.
Mitteilung der Universität Koblenz-Landau
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